Homöopathie

Frage:
Mein Schulmediziner bezeichnet die Homöopathie als Quacksalberei. Wie stehen Sie dazu?

Antwort:
Das Heilmittel (»Simile«) ist ein verbindendes Glied zwischen Arzt und Patient. Hippokrates empfiehlt in der praktischen Heilkunde folgendes Vorgehen: »Zuerst das Wort, dann die Pflanzen und zuletzt das Messer (Skalpell).« Der Paragraph 1 des Grundlagenwerks Samuel Hahnemanns, das 1810 veröffentlichte »Organon der rationalen Heilkunde« (kurz Organon genannt) lautet: »Des Arztes höchster und einziger Beruf ist, kranke Menschen gesund zu machen, was man heilen nennt.« Ähnliches möge mit Ähnlichem behandelt werden! Das Similegesetz (Ähnlichkeitsprinzip) ist Hahnemanns geniale Entdeckung. Für viele gilt der berühmte Selbstversuch Hahnemanns (Chinarindenversuch) als Geburtsstunde der Homöopathie. Das Arzneibild (Arzneimittelprüfung am Gesunden) ähnelt dem Krankheitsbild (individuelles Beschwerdebild). Als Arzneibild bezeichnet man die Symptome, die der Gesunde hat, wenn er eine bestimmte Arznei systematisch einnimmt. Diese Prüfarznei ruft ähnliche Symptome hervor, wie sie der Kranke zeigt. Hahnemann erklärte dieses Prinzip sehr anschaulich: »So, um ein anderes Beispiel von physischer Einwirkung zu geben, wird der Nachteil, z. B. von einem Stoße der Stirn an einen harten Gegenstand in Schmerz und Geschwulst gar bald gemindert, wenn man die Stelle mit dem Daumenballen eine Weile heftig drückt und zuletzt immer gelinder, homöopathisch, nicht aber durch einen gleichen Schlag mit einem gleich harten Körper, was isopathisch wäre und das Übel ärger machen würde.« Der Methodenpluralismus in der Medizin und die Kurierfreiheit sind wertvolle Errungenschaften. Natürlich muss sich der informierte Patient vor unseriösen und ominösen Unheilmethoden schützen. Die Entstehung der Homöopathie fiel in die Lebzeiten von Goethe, Schiller, Hölderlin, Beethoven, Kant und Hegel. Letzterer widmete ihr sogar eine Passage in seiner »Naturphilosophie«. Gegen Mitte des vergangenen Jahrhunderts hatten nicht weniger als 22 gekrönte Häupter homöopathische Leibärzte. Als prominentes Beispiel kann das englische Königshaus gelten, das diese Tradition bis heute fortsetzt. Johann Wolfgang von Goethe, der heilkundige Dichter, durchschaute schon zu seiner Zeit die Schwäche des Analytikers:
»Daran erkenn ich die gelehrten Herrn!
Was ihr nicht kostet, steht euch meilenfern;
Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar;
Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr;
Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht;
Was ihr nicht münzt, das meint ihr gelte nicht!«
Nicht die Homöopathie muss auf ein akademisches Niveau gehoben werden, sondern die Akademiker haben anzuerkennen, was sie vor Jahrhunderten verdrängt haben und nun als Laien- und Außenseitermedizin bezeichnen.

Literatur: Lehrbuch der Homöopathie, Bd. 1, Hippokrates, 7. Aufl.