Kindliche Hörstörungen

Frage:
Wir (Eltern) haben den Eindruck, dass unser 1-jähriger Sohn schlecht hört. Wie lässt sich eine Hörminderung bei einem Kleinkind feststellen?

Antwort:
Aufgrund der Unmöglichkeit, sich den Erwachsenen mit Worten mitzuteilen, werden Hörstörungen beim Säugling und Kleinkind oft erst später erkannt.

Ein intaktes Hörorgan ist wichtig für die Entwicklung der Lautsprache. Grundsätzlich wird wie bei den Erwachsenen zwischen Schallempfindungsschwerhörigkeit (Innenohrschwerhörigkeit) und Schallleitungsschwerhörigkeit (Mittelohrschwerhörigkeit) unterschieden. Außerdem wird die frühkindliche Schwerhörigkeit in angeborene oder erworbene Hörstörungen eingeteilt. Liegt eine ge-netische Ursache vor, wird die Hörstörung oft erst durch eine gestörte Sprachentwicklung entdeckt. Inzwischen sind über 300 genetische Syndrome bekannt, die mit Schwerhörigkeit einhergehen können. Die kindliche Hörstörung kann allerdings auch vor, während oder nach der Geburt erworben werden. Ursachen für eine erworbene Schwerhörigkeit sind zum Beispiel infektiöse, medikamentös-toxische (Einnahme von Medikamenten durch die Mutter während der Schwangerschaft) und geburtstraumatische Schädigungen. Laut Schätzungen liegt bei ca. 4 % aller Neugeborenen eine Schwerhörigkeit vor. Da die Hörstörungen im Säuglingsalter sich nicht bemerkbar machen und nicht auffallen, denken wir Ärzte nicht immer daran, obwohl die Eltern, die ihr Baby am besten kennen, merken, dass etwas nicht stimmt. Es gilt der Leitsatz: »Die Eltern haben immer recht.« Beim geringsten Hinweis auf eine Hörstörung im Säuglingsalter sollte eine spezielle Prüfung der Hörfähigkeit durchgeführt werden. Bei Kleinkindern und im Vorschulalter kommen aufgrund mangelhafter Abwehrkraft (Buchtipp: »Erkältungen müssen nicht sein« von Dr. M. O. Bruker, emu-Verlag) und damit einhergehender Infektanfälligkeit häufiger Mittelohrentzündungen mit Ergussbildung vor. Der entzündliche Erguss in der Paukenhöhle (Mittelohr) führt zu einer vorübergehenden Schallleitungsschwerhörigkeit von unterschiedlichem Ausmaß.

Eine nicht erkannte Hörstörung im Kindesalter hat je nach Schweregrad Auswirkungen auf die gesamte Persönlichkeitsentwicklung des Kindes. Deshalb ist der Zeitpunkt der Diagnose von entscheidender Bedeutung. Je früher eine gezielte Therapie einsetzt, desto besser. Natürlich hat eine beidseitige Schwerhörigkeit gravierendere Folgen als eine einseitige. Um eine frühkindliche Hörstörung zu erfassen, gibt es sowohl subjektive als auch objektive Methoden.  Dem praktischen Arzt stehen die Testgeräte zur speziellen Abklärung nicht zur Verfügung. Die differenzierte Diagnostik erfolgt durch den HNO-Arzt. Audiometrische Methoden dienen der Prüfung der Hörfunktion durch elektroakustisch erzeugte Töne.

Literatur: Hals – Nasen – Ohrenheilkunde, Thieme, 2. Aufl.