Fibromyalgiesyndrom

Frage:
Seit Jahren leide ich (weibl, 52 J.) unter Schmerzen am ganzen Körper. Die Schmerzen wandern, sie wechseln oft den Ort. Wenn ich mich im Urlaub entspanne, geht’s mir besser. Mein Arzt sagte, dass es sich sehr wahrscheinlich um Weichteilrheuma handelt.

Antwort:
Rheuma ist eine Volkskrankheit. Da man den Rheumatismus in der regulären Medizin irrtümlich als Verschleiß- bzw. Alterskrankheit versteht, behandeln Rheumatologen in den meisten Fällen symptomatisch. Rheuma ist die teuerste Krankheit, ist beschwerlich, aber nicht lebensbedrohlich.

Die Patienten geben ein Gefühl von Steifigkeit an und klagen über diffuse Gelenk- und/oder Muskelschmerzen. Die Schmerzen sind bewegungs- und belastungsabhängig. Es wird zwischen Gelenkrheuma und Muskelrheuma unterschieden. Die Osteoarthrosen verlaufen chronisch-degenerativ und sind primär nicht entzündlich. Die Arthritiden haben einen primär entzündlichen Charakter. Der extraartikuläre Rheumatismus wird auch als Weichteilrheumatismus bezeichnet. Bei der Fibromyalgie (generalisierte Tendomyopathie) handelt es sich um eine chronische generalisierte Schmerzerkrankung, die mit druckschmerzhaften Sehnenansätzen (sog. tender-points) einhergeht. Diese Sehnenansätze sind Orte, an denen sich eine herabgesetzte Druckschmerzschwelle bevorzugt feststellen lässt. Das Fibromyalgiesyndrom ist durch großflächige, vorzugsweise muskuläre Schmerzen von mindestens 3 Monaten Dauer gekennzeichnet. Frauen sind etwa 8-mal häufiger als Männer betroffen. Oft lassen sich in der Anamnese psychosoziale Auslösesituationen (life events) eruieren.

Ein pathologisch anatomisches Substrat ist nicht erkennbar. Assoziiert findet man häufig funktionelle Störungen wie Müdigkeit, Schlafstörungen, Benommenheit, chronische Kopfschmerzen, rasche Ermüdbarkeit, Depressivität und Ängste. Charakteristisch ist eine relative Therapieresistenz. Die Betroffenen wechseln häufig den Arzt; sie sind frustriert, weil die Therapieangebote keine Besserung bringen und als letzte Wahl das Psychopharmakon auf dem Rezept steht. Da es sich bei der Fibromyalgie um eine Ausschlussdiagnose handelt, wird die gesamte Klaviatur der internistischen und neurologischen Differenzialdiagnosen durchgespielt.

Eine Fibromyalgie wird erst dann angenommen, wenn andere die Muskelschmerzen erklärende Erkrankungen ausgeschlossen sind und an mindestens 11 von 18 definierten tender points bei Fingerdruck eine deutliche Schmerzreaktion ausgelöst werden kann. Diese definierten tender points berücksichtigen durch ihre Verteilung über alle Körperregionen das Postulat der Schmerzgeneralisierung (»Ganzkörperschmerz«). Insgesamt sind die diagnostischen Kriterien unscharf und in gewisser Weise willkürlich.

Aus der täglichen Praxis lässt sich folgende Beobachtung machen: Längere Frischkostphasen (Rohkost, Heilkost nach Bircher-Benner) führen zu einer deutlichen Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung. Die Heilerfolge durch Ernährungslenkung bestätigen die Feststellung von Dr. M. O. Bruker, dass die rheumatischen Erkrankungen ernährungsbedingt sind. Außerdem haben sich weitere biologische Therapiemaßnahmen bewährt: Kneippsche Hydrotherapie, Akupunktur, Heublumensack, Sauna, Schröpfen, Dauerbrause, Segment- und Bindegewebsmassage, rhythmische Massage, Baunscheidtieren, Neuraltherapie, Phytotherapie und Homöopathie.

Literatur: Rheumatologie, Thieme, 5. Aufl.