Die Geschichten hinter dem Lockdown Nr. 21: „Der Lockdown hat sich ähnlich angefühlt wie der Einsatz“

Anonymer Erfahrungsbericht, der Name ist der Redaktion bekannt

Ich war Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Während meiner Dienstzeit war ich zweimal für vier Monate in Afghanistan. Unter anderem 2010 und war damals im April bei den so genannten „Karfreitagsgefechten“ dabei. Dadurch habe ich eine PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung).

Aufgrund dessen und aus privaten Gründen bin ich 2016 ausgeschieden und habe mich beruflich umorientiert.

Ende 2019 haben wir unser drittes Kind bekommen. Die Elternzeiten der beiden Großen waren geprägt von Studium und Hausbau. Die dritte sollte ruhiger werden, auch wenn ich nebenher meine Selbstständigkeit aufbauen wollte. Im April sollte mein jüngstes Kind getauft werden. Eine fröhliche Familienfeier zu Ostern sollte mich auch vom 10. Jahrestag der Karfreitagsgefechte ablenken.

 

Mit drei kleinen Kindern im Lockdown

Leider kam dann alles anders. Und so war ich im Frühjahr mit drei kleinen Kindern im Lockdown. Ohne Hilfe bei den Kindern, ohne soziale Kontakte. Die Großen hat der Lockdown auch belastet, ihr ganzer Alltag war durcheinander. Und durch das Baby konnte ich ihnen nicht viel Aufmerksamkeit schenken.

Ich war unendlich traurig, dass die Taufe abgesagt werden musste und ich meine Familie nicht sehen konnte. Zudem die Belastung durch die PTBS. Der Lockdown hat sich ähnlich angefühlt wie der Einsatz: Freunde und Familie nicht sehen, die Gefahr die draußen lauert/lauern soll, Einschränkungen hinnehmen müssen, Gehorchen, durchhalten und weiter machen müssen.

 

Fehlende Sicherheitsnetze

Und das alles ohne die Sicherheitsnetze, wie Freunde, Familie und Hobbies, die ich mir über Jahre aufgebaut habe, um gut mit der PTBS leben zu können. Ich habe fast täglich geweint und nicht mehr gewusst, wie ich weiter machen soll. Aber für die Kinder musste es einfach weiter gehen. Einen geregelten Tagesablauf einführen, Essen kochen, spielen und basteln.

Ich habe auch versucht, meine Selbstständigkeit beibehalten zu können, musste sie aber letztendlich aufgeben.

Etwas Erleichterung im Alltag kam, als mein Mann in Kurzarbeit ging und mich dadurch bei den Kindern und im Alltag unterstützen konnte. Aber insgesamt war das Frühjahr sehr kräftezehrend und meine Kraftreserven sind bis heute noch erschöpft.