Ödeme

Frage:
Unser Großvater (76 J.) hat in beiden Unterschenkeln Wasseransammlungen. Was könnte die Ursache dafür sein?

Antwort:
Das Ödem (Wassersucht) ist eine Ansammlung von wässriger Flüssigkeit im Gewebe, die sich durch eine schmerzlose, nicht gerötete Schwellung zeigt. Man unterscheidet örtlich begrenzte (lokalisierte) Ödeme von generalisierten Ödemen, die über den ganzen Körper verteilt auftreten. Ödeme entstehen meistens zuerst in der Körperperipherie an den Extremitäten z. B. symmetrisch im Fußrücken – und Knöchelbereich. Die Wassereinlagerung selbst ist keine Krankheit, sondern nur Begleit- bzw. Folgeerscheinung einer zugrunde liegenden Erkrankung. Bei der körperlichen Untersuchung beobachtet man, dass sich die bei Druck mit dem Finger entstehende Delle nur langsam wieder zurückbildet. Leichtere venöse Ödeme nach langem Stehen, während der Schwangerschaft und kurz vor der Regelblutung haben keinen pathologischen Wert. Bei stärkeren Ödemen klagt der Patient über rasche Gewichtszunahme, »dicke Beine«, Schwellungen der Fußrücken und Unterschenkel, drückende Schuhe, nicht mehr passende Fingerringe, eine Zunahme des Bauchumfanges (Aszites), Atemnot (Lungenödem), ein verquollenes Gesicht und evtl. Lidödeme.

Bei bettlägerigen Patienten kommt es zur Schwellung der Steißbeinregion. Manchmal kann auch häufiges, nächtliches Wasserlassen ein Hinweis sein. Spezielle Formen des Ödems sind das Myxödem bei Hypothyreose (hinterlässt nach Fingerdruck keine Delle, Haut von teigiger Konsistenz) und das Lipödem. Es tritt fast nur bei Frauen nach der Pubertät auf und spart die Füße aus. Dabei sind die Beine durch
Fettpolster und ein sekundäres Lymphödem aufgetrieben.

Außerdem unterscheidet man noch allergische, entzündliche und posttraumatische Ödeme. Auch die Einnahme von Medikamenten bringt manchmal die Bildung von Ödemen mit sich.

Die Erhebung der Krankenvorgeschichte (Anamnese), die körperliche Untersuchung, das Labor, ggf. bildgebende Verfahren führen zur Diagnose. Die schnelle medikamentöse Ausschwemmung von Ödemen ist nur bei ausgeprägten, bedrohlichen Ödemen zu rechtfertigen (symptomatische Linderungsbehandlung). Man muss die Ursache suchen, um eine kausale Therapie (ursächliche Heilbehandlung) zu ermöglichen. Als Differenzialdiagnosen kommen folgende Störungen in Betracht: Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, Phlebothrombose (venöse Abflussstörung), nephrotisches Syndrom (Nierenerkrankung mit Eiweißverlust), Leberzirrhose (verminderte Eiweißsynthese), Hungerödeme (verminderte Eiweißzufuhr), Lymphödem (verminderte Lymphdrainage), Ödeme durch Arzneimittel, allergisches, entzündliches oder posttraumatisches Ödem, etc.

Wenn sich die Ödeme nicht über Nacht von selbst zurückbilden und Selbsthilfemaßnahmen nicht erfolgreich sind, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um der Ursache auf den Grund zu gehen. Haben Sie Verständnis, dass ich bei der Komplexität des Erscheinungsbildes keine pauschale Empfehlung aussprechen kann. Auch in der biologischen, ganzheitlichen Therapie liegt ja jeder »Fall« anders und muss
individuell je nach Schweregrad und Grundursache behandelt werden.

Literatur: Mensch – Körper – Krankheit, Urban u. Fischer, 3. Aufl.

Autor: Dr. med. Jürgen Birmanns

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