Panikstörung

Frage:
Ich (42 J. weibl.) leide schon seit Jahren immer wieder unter Schwindel, Hitzewallungen, Herzklopfen, Beklemmungsgefühl in der Brust und Atemnot. Trotz vieler Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte konnte keine Ursache gefunden werden. Ich habe große Angst vor diesen Attacken und verkrampfe mich mehr und mehr.

Antwort:
Jeder von uns kennt Ängste. Ein berechtigtes Angstgefühl löst beim Menschen eine Fluchtreaktion aus, die vor einer realen Bedrohung und Gefahr schützen soll. Treten dagegen grundlos übermäßige Ängste, gekoppelt mit körperlichen Symptomen auf spricht man von pathologischer Angst (Angststörung).
Leidet ein Mensch unter massiven Angstreaktionen ohne äußeren Anlass oder fühlt er sich durch körperliche Empfindungen existenziell bedroht, bekommt die Angst einen Krankheitswert und wird behandlungsbedürftig.
Vegetative Symptome wie Herzklopfen, Schwitzen, Schwindel, Brustschmerz, Erstickungsgefühl und Furcht vor Kontrollverlust können nach Ausschluss der Differenzialdiagnosen auf eine Panikattacke hinweisen. Bei einer Panikattacke setzt plötzlich eine intensive Angst ein, die sich innerhalb von wenigen Minuten zu einem Höhepunkt steigert. Die Panik tritt unerwartet auf, ist nicht situationsgebunden und steigert sich bis zur Angst zu sterben.

Wiederholen sich Angstanfälle mehrmals, spricht man von Panikstörungen. Es entstehen beim Betroffenen Erwartungsängste (Angst vor der Angst), die zum sozialen Rückzug führen können. Die einzige adäquate Behandlung ist eine aufdeckende Lebensberatung (Einzelgesprächspsychotherapie). Parallel dazu kann eine begleitende Gruppentherapie zur sozialen Reintegration hilfreich sein. Der zugrunde liegende Konflikt muss bearbeitet werden. Um die Ursachen der Angstanfälle aufzudecken, benötigen Patient und Therapeut eine stabile Vertrauensbasis und Zeit. Die Ursachen für Angststörungen liegen in der Vergangenheit. Ein Erwachsener gerät in Panik, wenn ein Trauma aus der Kindheit reinszieniert wird. Eine Patientin erzählt, dass sie plötzlich große Angst spürte, als sie bei einer Feuerwehrübung die Sirenen heulen hörte. Sie erinnerte sich an die
Szenen ihrer Kindheit. Immer wenn die Sirenen ertönten, musste sie als Kind mit ihrer Mutter in den Schutzbunker rennen. Flugalarm bedeutete Bombenangriff – die Sirenen brachten sie mit den schrecklichen Kindheitserinnerungen während des Krieges in Verbindung. Es gibt auch eine »erlernte Hilflosigkeit«. Erlebt ein Kind übertriebene
Angstreaktionen bei einer Bezugsperson, übernimmt es unbewusst das Vermeidungsverhalten der Eltern. Eine Mutter ruft ihrem vierjährigen Sohn, der am Ufer eines kleinen Sees Enten beobachtet, zu: »Pass auf, du könntest ins Wasser fallen und ertrinken!« Tatsächlich könnte ein Kind, das nicht schwimmen lernte, im Wasser untergehen, doch der Junge hatte nicht die Absicht, schwimmen zu lernen, er wollte nur die Enten beobachten. Dies ist natürlich keine Aufforderung an die Eltern, ihre Sorgfaltspflicht zu vernachlässigen. Die Beispiele zeigen nur, dass pathologische Ängste »eingepflanzt« werden können.

Literatur: Psychiatrie und Psychotherapie, Duale Reihe, Thieme, 3. Aufl.