Spinalkanalstenose

Frage:
Ich (weibl., 82 Jahre alt) leide unter einer spinalen Stenose.
Die Beine sind müde, schwer und tun weh. Besonders beim Gehen schmerzt der untere Rücken. Die Schmerzen ziehen bis ins Gesäß und in beide Oberschenkel. Muss ich nun operiert werden?

Antwort:
Für Laien plausibler wäre der Krankheitsname Wirbelkanalenge. Der Wirbelkanal (Canalis vertebralis) erstreckt sich von der großen Hinterhauptsöffnung am Kopf bis zum Kreuzbein. 24 Wirbel bilden das doppelt s-förmig gebogene Achsenskelett, die Wirbelsäule. Zwischen den einzelnen Wirbeln befinden sich Zwischenwirbelscheiben (Bandscheiben). Viele Bänder und Muskeln stärken und stützen die knöcherne Wirbelsäule und verhelfen ihr zu großer Beweglichkeit. Im Wirbelkanal befindet sich das Rückenmark.
Durch die seitlichen Wirbelbogenlöcher treten die Rückenmarksnerven paarweise aus. Eine Verengung des Wirbelkanals wird als Spinalkanalstenose bezeichnet. Ursache sind oft degenerative Veränderungen an den Wirbelkörpern oder Zwischenwirbelgelenken. Die knöchernen Ausziehungen der Wirbelkörperkanten nennt man Spondylophyten.
Die degenerativen Veränderungen an den Bewegungssegmenten der Wirbelsäule sind zahlreich (Osteochondrose, Discose, Spondylose, Spondylarthrose, Facettengelenksarthrose). Arthrosen der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen an den kleinen Gelenkfacetten der Wirbelfortsätze gehen häufig mit Osteophytenbildung (knöcherne Ausziehung) einher. Dadurch kann es zu einer Kompression des Rückenmarks kommen. Auch die Spinalnerven (Rückenmarksnerven), die vom Rückenmark paarweise abgehen und den Spinalkanal durch die Zwischenwirbellöcher verlassen, können durch arthrotische Veränderungen irritiert werden. Dies führt zu typischen segmentbezogenen Wurzelreizsymptomen (sog. radikuläre Symptomatik).
Die Hypothese der altersbedingten Verschleißerscheinungen ist in den Köpfen der Mediziner und Patienten so fest eingegraben, dass es kaum möglich ist, die wahren Ursachen der Spinalkanalstenosen (Wirbelkanalenge) zu entlarven. Alle chronischen, degenerativen und primär nicht entzündlichen Erkrankungen am Bewegungsapparat sind ernährungsbedingte Zivilisationserkrankungen. Sie spielen sich im Bindegewebe und seinen Abkömmlingen ab.
Normalerweise hat das Rückenmark im Wirbelkanal genügend Platz. Eine Verengung (Stenose, griech. stenos = eng) des Wirbelkanals durch Veränderungen am Wirbel, an den Bandscheiben oder an den Bändern der Wirbelsäule hat ihrerseits Ursachen.
Die genaue Erfassung der Krankengeschichte (inklusive Ernährungsanamnese) und des Beschwerdebildes ist sehr wichtig. Die Befunde im CT (= Computertomographie) oder MRT (= Magnetresonanztomographie) korrelieren nicht immer mit den subjektiven Beschwerden des Patienten. Typischerweise berichten die Patienten über ein Schweregefühl der Beine und das Gefühl einer festen Klammer, die sich um die Ober- oder Unterschenkel legt. Oft klagen die Patienten auch über Taubheitsgefühl oder Kribbeln in den Beinen. Die Patienten gehen kleinschrittiger und nach vorne gebeugt. Sitzen, nach vorne beugen oder in die Hocke gehen bessert umgehend die Beschwerden. Die Beinschmerzen nehmen bei längerem Gehen zu und zwingen den Betroffenen schließlich, stehen zu bleiben. Es kann auch zu Gangunsicherheit kommen. Die Beschwerden durch eine Spinalkanalstenose können denen einer Durchblutungsstörung der Beine (arterielle Verschlusskrankheit) oder Polyneuropathie ähneln.
Tiereiweißfreie Vollwertkost, gymnastische Übungen, Physiotherapie, Radfahren, Kneippanwendungen, Osteopathie, Entspannungsverfahren, Massagen und Wärmeanwendungen (Heublumensack, heiße Rücken- und Lumbalgüsse) tragen zu einer Beruhigung der beengten Nerven bei.
Die Entscheidung für oder gegen eine Operation hängt von der Intensität der Schmerzen und der Lebensqualität ab. Es liegt in der Entscheidung des Patienten, auf das Risiko der Operation zu verzichten und sich mit den Beschwerden zu arrangieren. In schweren, fortgeschrittenen Fällen ist eine Operation (Dekompression des Spinalkanals) nicht zu umgehen. Dies ist auch der Fall, wenn sich die Schmerzen durch die oben genannten Maßnahmen nicht mehr bessern und der Leidensdruck zu groß wird.

Literatur
Rheuma, emu-Verlag, 3. Auflage
Anatomie, Urban u. Fischer, 1. Auflage
Orthopädie für Patienten, Verlag Michels-Klein, 2014