Multiple Sklerose

Frage:
Ist es möglich, die MS rechzeitig an ihrer Symptomatik zu erkennen? Gibt es typische klinische Zeichen, die für eine Multiple Sklerose sprechen?

Antwort:
In der etablierten, naturwissenschaftlich orientierten Medizin gilt die MS als eine chronische, entzündliche Entmarkungskrankheit des Zentralen Nervensystems (ZNS). Die Multiple Sklerose wird auch
»Encephalo-myelitis disseminata chronica« genannt (Encephalon = Gehirn, Myelon = Rückenmark, disseminata = zerstreut). Die meisten Betroffenen sind im Alter zwischen 20 und 40 Jahren, was die MS zur häufigsten neurologischen Ursache für Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit bei jungen Menschen macht. Frauen sind mit einem Faktor von ca. 1,5 bis 1,8 häufiger betroffen. Mit zunehmendem Abstand vom Äquator, sowohl in nördlicher als auch in südlicher Richtung, steigt die Anzahl der Erkrankungsfälle. Ihre Frage ist schwer zu beantworten. Sie könnte auch lauten: Welche Symptome treten bei der MS nicht auf? Wie die Symptomatik, so ist auch der Krankheitsverlauf äußerst variabel.

Die MS verläuft entweder in Schüben mit mehr oder minder vollständigen Remissionen oder primär progredient (= fortschreitend). Als Schub wird das Auftreten neuer oder die Wiederkehr früherer Symptome, die länger als 24 Stunden anhalten, bezeichnet. Die eindeutige Rückbildung solcher Symptome heißt Remission. MS-spezifische Symptome gibt es nicht. Der wechselnde Verlauf der MS kann dazu führen, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung keine auffallenden Befunde mehr vorhanden sind. Je nach Lokalisation und Ausmaß der Entmarkungsherde (Demyelinisierung) kommt es zu entsprechenden Funktionsausfällen, die die Motorik und/oder Sensibilität beeinträchtigen. Die »Leitungsstörung« durch Abbau bzw. Zerfall der Isolierhülle um die Nervenfaser kann im Marklager des Gehirns oder in der weißen Substanz des Rückenmarks vorliegen.

Über die Ätiologie (Ursache) gibt es bis heute in der etablierten Medizin lediglich Hypothesen. Es werden erbliche Faktoren, Umwelteinflüsse, immunologische Vorgänge oder auch Viren als Ursache für die MS verantwortlich gemacht. Als häufigste Frühsysteme zu Beginn einer MS gelten die Neuritis nervi optici (Sehnerventzündung) und das Doppelbildersehen durch Augenmuskellähmung. Die Augensymptome sind durch eine meist zunächst einseitige, innerhalb Tagen auftretende starke Sehminderung gekennzeichnet. Kleinhirnsymptome finden sich bei 3 /4 der Fälle. Der Gang ist oft nicht nur spastisch, sondern auch ataktisch (Ataxie = Störung der Koordination von Bewegungsabläufen). Besonders eindrücklich ist der Intentionstremor (Tremor = Zittern). Der Intentionstremor tritt vor allem bei Zielbewegungen mit der größten Amplitude unmittelbar vor dem Ziel auf (z. B. beim Finger-Nase-Versuch). Bei über 80 Prozent der Multiple-Sklerose-Patienten finden sich Pyramidenbahnzeichen. In Frühstadien kommen zentrale Lähmungen der Extremitäten (öfter die Beine als die Arme) häufiger vor. Viele MS-Patienten klagen über ungewohnte leichte Ermüdbarkeit schon nach vergleichsweise geringen körperlichen Belastungen.

Sensibilitätsstörungen lassen sich etwa bei der Hälfte der Patienten recht früh schon feststellen. Missempfindungen in Form von Kribbeln, Taubheit, Brennen, Stechen, Gefühl von gespannter Haut, Kälte- oder Wärmeempfinden können auftreten. Vegetative Störungen wie Blasenfunktionsstörungen im Verlauf der Krankheit sind häufig. Die Aufzählung der klinischen Befunde ließe sich an dieser Stelle noch weiter fortsetzen. Erwähnenswert ist die von Dr. med. Josef Evers (1894 – 1975) zur Behandlung der MS entwickelte Evers-Kost. Aufgrund epidemiologischer Studien, der aufmerksamen Beobachtung an Patienten, aber auch selbst durchgeführter Tierfütterungsversuche erkannte er ganz klar, dass »der schwerste Fehler, den wir modernen Industrievölker auf dem Ernährungsgebiete machen, die Denaturierung (Zerstörung, Verfeinerung, Chemisierung usw.) unserer Nahrungsmittel ist«.

Literatur: Neurologie – Kompedium, Verlag Hans Huber, 2. Aufl.