Fastenstoffwechsel

Frage:
Wie funktioniert der Stoffwechsel von innen während des Fastens? Woher bekommt der Organismus seine Energie, wenn keine Nährstoffe mehr zugeführt werden?

Antwort:
Zur Aufrechterhaltung des Zellstoffwechsels benötigt der Organismus Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße und Vitalstoffe (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente usw.). Das Fettgewebe stellt die wichtigste Energiereserve für Zeiten des Nahrungsmangels dar. Bei der Umstellung von äußerer auf innere Ernährung während des Fastens kommt es zu eingreifenden Stoffwechselveränderungen. Wenn die Nahrungsaufnahme längere Zeit unterbleibt, stellt sich der Energiestoffwechsel innerhalb von 2 – 3 Tagen um. Im Fasten sind die Triglyzeride der entscheidende Energieträger. Ein gesunder Mensch kann ohne Nahrungsaufnahme 60 – 80 Tage überleben, vorausgesetzt er hat Wasser zum Trinken.

Die Glycogenvorräte in Leber und Muskel (ca. 400 g) sind zu Beginn des Fastens relativ rasch erschöpft. Der Organismus ist normalerweise auf ca. 180 g Glucose pro Tag angewiesen. Wenn eine Aufnahme von Kohlenhydraten unterbleibt, beginnt nach einigen Stunden die Neubildung von Glucose (Traubenzucker) durch einen besonderen Stoffwechselweg, der Gluconeogenese genannt wird. Durch die Gluconeogenese werden die Zellen im Fasten mit Glucose versorgt, die sich nicht auf die Verwertung von Fettsäuren umstellen können und somit auf Glucose angewiesen sind. Es sind dies die Nervenzellen im Gehirn, die Erythrozyten (rote Blutzellen) und die Zellen des Nierenmarks. Die Gluconeogenese findet sowohl in der Leber als auch in der Niere statt. Ausgangsstoffe für die Gluconeogenese sind:

  • der Glyzerinanteil der Triglyzeride (= Neutralfette)
  • glucoplastische Aminosäuren (= zuckerbildende Aminosäuren)
  • Lactat aus dem Abbau der Glucose in den Erythrozyten.

Die Umstellung des Stoffwechsels auf Fasten erfordert mehrere Tage. Durch Gluconeogenese können pro Tag bis zu 180 g Glucose gebildet werden. Bei mehrwöchigem Fasten stellt sich der Stoffwechsel nochmals um, indem nun vermehrt Ketonkörper gebildet werden. Die Ketonkörper entstehen aus dem Endprodukt des Fettsäureabbaus, der Essigsäure. Ketonkörper werden im Stoffwechsel nur bei längerer Enthaltung von Nahrung gebildet und von den Zellen des ZNS (Zentralnervensystems) zur Energiegewinnung herangezogen. Zu den Ketonkörpern (Ketosäuren) gehören Aceto-Acetat (Acetessigsäure),

Beta-Hydroxybutyrat (Beta-Hydroxybuttersäure) und Aceton. Die Ketonkörperproduktion findet in der Leber statt. Die Ketonkörper dienen als Ersatzenergieträger. Von besonderer Bedeutung ist die Umstellung des Stoffwechsels im Gehirn auf Verwertung der Ketonkörper, denn dadurch sinkt der Glucosebedarf von ca. 140 g auf 40 – 50 g/Tag. Die Ketonkörper werden auch vom Herz und von der Skelettmuskulatur verwertet. Auf diese Weise wird zunehmend Eiweiß eingespart. Die Einschränkung des Proteinabbaus bringt es mit sich, dass die Proteinreserven des Organismus auch bei sehr langem Fasten ausreichend sind.

Zur Kompensation der Säuren (Fasten-Azidose) dienen verschiedene Neutralisationsmechanismen. Puffernd wirken Bluteiweiße (Plasmaproteine), Bicarbonat und Ammoniak zur Neutralisation des Harns in der Niere. Über die Lunge wird durch vertieftes Atmen vermehrt Kohlensäure abgeatmet.

Literatur: Heilfasten, Herder – Verlag, 1999
Biochemie der Ernährung, Spektrum, 3. Aufl.

Autor: Dr. med. Jürgen Birmanns

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