Kann die vegane Ernährung die Agrarprobleme lösen?

Menschen, die sich der veganen Ernährung zugewandt haben, tun dies aus lobenswerten Motiven. Es ist bewundernswert, was sie damit auf sich nehmen. Es geht ihnen vorzugsweise um Tierethik, Tierschutz, Umweltschutz und persönlich auch um eine Lebensweise (Ernährung), von der sie überzeugt sind, dass sie damit gesund bleiben können. Ihre Beweggründe kann ich vollauf nachempfinden und ihren Mut bewundern.

Im Raum Oldenburg leben wir in der Region mit der höchsten Tierdichte Europas. Auf allen Wegen begegnen wir Massentierställen und hören von schlimmen Vorkommnissen. Dennoch wage ich den Sinn und die Wirksamkeit der veganen Ernährung ernsthaft zu bezweifeln. Einmal geht es lediglich um eine sehr kleine Bevölkerungsgruppe (in Deutschland weit unter 1 %), die mit dieser Kostform Beispiele setzen möchte, um den Verzehr von Tieren und das damit verbundene Tierleid zu verhindern. Ihr Gegner ist letztlich die allgewaltige Lobby der industriealisierten Landwirtschaft im Verein mit der Pharmaindustrie. Dieser geballten Wirtschaftskraft entgegenzutreten, bedarf eigentlich der Mobilisierung unseres gesamten Volkes. Nach den Verlautbarungen der letzten Monate vermochte nicht
einmal die EU-Kommission ihre Reformvorhaben in Richtung Ökologisierung der Landwirtschaft in vollem Umfang durchzusetzen.

Ein anderer Weg erscheint sehr viel sinnvoller, nämlich die aktive Unterstützung der kleinbäuerlich strukturierten ökologisch wirtschaftenden Betriebe, die artgerechte Tierhaltung und Ackerbau betreiben. Sie sind es, die nicht nur den Boden fruchtbar halten, die Gewässer schützen und selbstverständlich Artenvielfalt pflegen. Vielfach kümmern sie sich auch um den Erhalt alter Tierrassen und kultivieren alte Pflanzenarten. Subventionen erhalten sie dafür nicht. In den vergangenen beiden Jahren hat der »Weltagrarbericht« des Weltagrarrates für breite Aufmerksamkeit vorzugsweise bei Umweltschutzorganisationen gesorgt. Eine wesentliche Aussage lautete: Die Monokulturen und Massentierhaltungen der Agrarindustrie sind als die größten Irrtümer der Menschheit anzusehen. Damit würde sich weder der Hunger in der Welt noch die Armut erfolgreich bekämpfen lassen. Der einzige Ausweg aus dem Elend wird global nur in der bereits erwähnten kleinbäuerlich strukturierten ökologischen Landbewirtschaftung gesehen.

Zurück zur veganen Kostform: Keine Produkte von getöteten und lebenden Tieren verzehren, also kein Fleisch, kein Fisch, keine Eier, keine Milchprodukte, auch nicht von Ökobetrieben, das ist die Vorgabe.
Dieser Verzicht – im großen Rahmen gelebt – würde die Existenz der ökologisch wirtschaftenden Betriebe in ihrer Vielfalt gefährden. Wollen wir das? Solange es Ackerbauern gibt – seit rund 10 000 Jahren –
war das Rind neben Schaf und Ziege das Haustier. Mit Sicherheit haben die Menschen in all den Jahrtausenden die Tiermilch, wenn sie verfügbar war, genutzt. Die Tradition der Käseherstellung reicht z. B. im Schweizer Alpenland weit zurück bis ins Jahr 1000.

Eine vegane Kostform ohne tierische Produkte, also auch ohne Butter, Sahne, Sauerrahm, auch ohne Honig, löst die Agrarproblematik leider nicht. Es ist die massiv naturfremde Agrarpolitik in der EU und in der ganzen Welt, die das millionenfache Tierleid seit Jahrzehnten verursacht.

Außerdem: Eine vegane Ernährung erfordert sehr fundierte warenkundliche Kenntnisse, um mit einem eingeschränkten Kostplan über Jahre ausreichend (vollwertig) ernährt zu sein. Die Neigung geht oftmals in »Ersatzstoffe«, die die Wirtschaft anpreist. Zum Beispiel neben den diversen Siruparten Stevia als Süßungsmittel, Sojaprodukte und Getreidemilchen (»Getreidedrinks«) sowie Seitan, ein
Weizen-Eiweißpräparat für die Eiweißversorgung. Die Aufzählung einzelner Vitalstoffe ist zwar interessant, jedoch unwesentlich für die Bewertung ob vollwertig oder nicht.

Nach der Art ihrer Herstellung können sie nur als Päparate-Nahrung eingestuft werden. Dabei besteht die Gefahr, dass über kurz oder lang als Zeichen von Vitalstoffmangel Heißhunger auftritt, der zu gänzlich falschen Nahrungsmitteln verleiten kann. Es gibt Rezeptangebote, die  sich sehr eng an der Vitalstoffreichen Vollwertkost orientieren. Durch den Wegfall von Sahne, Sauerrahm und Butter sind es immer wieder die relativ weichen Cashewkerne, die zusammen mit Datteln püriert als »Ersatz« genommen werden.

Der Einwand: Cashewkerne sind leider nicht vollwertig. Ihre Schale enthält ein Gift, zum Schälen werden sie erhitzt und geröstet. Datteln, wie alle anderen Trockenfrüchte, gelten nach der Kollath-Tabelle als Konserven. Ohne konservierende Maßnahmen würden die hoch zuckerreichen Früchte schimmeln. Sie sind als Süßungsmittel reichlich im veganen Programm enthalten. Nach der Verzehrsmenge sind Unverträglichkeitserscheinungen eigentlich unvermeidbar. Ob sie immer richtig gedeutet werden, darf bezweifelt werden. Die Soja-Produkte mit ihrem hohen Eiweißgehalt sind sehr kritisch zu sehen, denn es handelt sich ausschließlich um denaturiertes Eiweiß. Die traditionelle Herstellung im asiatischen Raum hat eine völlig andere Qualität, weil dem Verzehr eine monatelange Fermentationszeit ohne Erhitzung der Bohnen vorausgeht. Hinzu kommt die große Vielfalt der Zubereitungen. Bekanntlich war die Ernährung der asiatischen Völker bis vor einigen Jahrzehnten überwiegend pflanzlichen Ursprungs. Zu den täglichen Reis- und Gemüsespeisen war die Zutat von (lange fermentiertem) eiweißreichem Miso eine sinnvolle Ergänzung, denn der Eiweißgehalt von Reis macht gerade 7 % aus. »Unsere« Getreide – vorzugsweise die alten Weizen-Arten Einkorn und Kamut – enthalten dagegen immerhin 18 % bis 20 % Eiweiß. Wie lob ich mir da die tier-eiweißfreie Vollwertkost mit Produkten aus ökologischer Herkunft, wo Tiere artgerecht leben dürfen. Diese Betriebe in ihrem Bestand zu sichern ist für uns überlebenswichtig. Sie kümmern sich um den Erhalt alter Tierrassen, die durchaus in der Lage wären/sind, ganzjährig ihr Futter zu suchen und im Freien zu überwintern. Was kann da – wie in alten Zeiten – gegen die Nutzung von Produkten aus Tiermilch sprechen? Es ist ja bekanntlich die
Sahne, der Sauerrahm und die Butter, die uns vortrefflich als das Verbindende dient, wenn es darum geht, mit Getreide, Hülsenfrüchten, Nüssen, Mandeln, Ölfrüchten, Obst, Gemüse usw. die richtige Konsistenz, die Farbe, die Speisenvielfalt und vor allem den Geschmack herzustellen.

Fazit: Vegane Ernährung kann die Agrarprobleme leider nicht lösen und somit auch nicht das Tierleid beenden. Es drängt sich die Frage auf, wohin mit den »überflüssigen« Tieren? Sie sind seit langem rundum in menschlicher Obhut, sie haben es verlernt, das ganze Jahr über im Freien zu überleben. Außerdem, wo gibt es bei uns in Deutschland noch wildes Land für auszuwildernde Tiere? Sollen sie aussterben, weil wir sie angeblich nicht mehr brauchen? Die Zukunft benötigt Artenvielfalt und nicht Artenschwund. Die Kampagnen »Meine Landwirtschaft« und »Solidarische Landwirtschaft« sind zurzeit gerade mit großer politischer Demonstration bei der »Grünen Woche« in Berlin vor Ort. Sich mit ihnen zu verbinden kann effizienter sein. (www.meine-landwirtschaft.de)

Kann vegane Ernährung im echten Sinne vollwertig sein?

Meine Antwort ist »nein«, solange erhebliche, immer wieder verwendete Zutaten nicht als Lebensmittel, sondern auf Grund ihrer fabrikatorischen Bearbeitung lediglich als »Nahrungsmittel« eingestuft werden müssen. Die Definition von »Vollwert« setzt die Lebendigkeit der Nahrung voraus, die noch ihren eigenen Stoffwechsel, nämlich die Fähigkeit zum Keimen und Sprossen, besitzt. Wir GGBler kennen ja den Satz »Alle Lebewesen benötigen auf Dauer lebendige Nahrung«. Das vegane Konzept kann da nicht mithalten.

Es bedarf heute fundierter warenkundlicher Kenntnisse, um die richtige Auswahl für eine vollwertige Ernährung zu treffen. Kollath’s »Ordnung unserer Nahrung« ist dabei der sicherste Weg durch die schier unübersichtlichen Warenangebote mit ihren Herstellungsverfahren. Eines sei noch festgehalten: Selbst beste vegane Ernährung ist der tiereiweißfreien Vollwertkost in Punkto Gesund-Bleiben und Freude-am-Essen-Haben keinesfalls überlegen.

Noch einige Anmerkungen zum Honig: Unser süßes Gewürz für besondere Anlässe stammt ausschließlich als Bioware aus »wesensgemäßer Bienenhaltung«. Im Gegensatz zu den Sirupvariationen ist Honig ein echtes Lebensmittel. Sein Rohstoff, der Nektar, ist bekanntlich pflanzlicher Herkunft. Die Bienen bereiten daraus ihr Winterfutter. Wesensgemäße Bienenhaltung besagt, der Imker erntet nur so viel oder so wenig an Honig – manches Jahr gar nichts –, dass die Versorgung des Bienenvolkes und seine Gesundheit gewährleistet bleiben. Der Förderverein hat bereits vor Jahren das Programm »Blühende Landschaften« initiiert. Auch hier stehen kleine Angebote zum Verkauf an, sie dankbar und sparsam zu nutzen, fördert nicht das Bienensterben. Beschreibung und Einordnung einiger Vegan-Produkte (Beurteilungsgrundlage: Kollath-Tabelle)

Alsana-Bio-Margarine:
Zutaten: Palmfett, Kokosfett, Rapsöl, Wasser, Karottenkonzentrat, Emulgator Sonnenblumenlecithin, Zitronensaftkonzentrat, kaltgepresstes Zitronenöl.
Alle Zutaten, außer Wasser, sind mit einem * versehen = aus kontrolliert biologischem Anbau.
Haltbarkeit vom Kauftag an 2 Monate.
Einordnung: Als Präparat ein Fabrikprodukt

Schnittlauch-Streich, pflanzlicher Brotaufstrich
Zutaten: Sonnenblumenkerne 41 %, Wasser, Sonnenblumenöl, Schnittlauch 5 %, Zitronensaft, Meersalz, Olivenöl.
Alle Zutaten, außer Wasser, sind mit einem * versehen = aus kontrolliert biologischem Anbau (EU/Nicht EU-Landwirtschaft).
Haltbarkeit: vom Kauftag an 1 Jahr + 8 Monate
Einordnung: Als Konserve ein Fabrikprodukt

Hafer-Sahne – Sahne-Ersatz
Zutaten: Wasser, Sonnenblumenöl 7 %, Hafervollkornmehl 6 %, Verdickungsmittel Xanthan E 415, Meersalz, natürliches Aroma.
Haltbarkeit vom Kauftag an 11 Monate
Einordnung: Als Präparat ein Fabrikprodukt

Paprika-Lyoner (Frankreich: Kurzform von »Lyoner Wurst«)
Als Brotbelag, in Salaten, gebratenen Nudeln oder Reis
Auch als »Seitan« gehandelt: Produkt aus Weizeneiweiß (Gluten)
Mit vielen Zubereitungen als Fleisch-Alternative
Zutaten: Wasser, Weizeneiweiß 30 %, ölsäurehaltiges High-Oleic Sonnenblumenöl, Paprika rot, 2 %, Steinsalz, Hefeextrakt, Verdickungsmittel Johannisbrotkernmehl und Guarkernmehl, Zwiebeln, Gewürze.
Alle Produkte, außer Wasser tragen ein * = aus kontrolliert biologischem Anbau (EU/Nicht EU-Landwirtschaft)
Haltbarkeit: Vom Kauftag an 6 Wochen.
Einordnung: als Präparat ein Fabrikprodukt

Bio-Soja-Drink – Milchalternative
Zutaten: Wasser, Sojabohnen 8 % aus kontrolliert ökologischem Anbau Österreichs; Eiweißgehalt 3,7 %.
Sojabohnen werden eingeweicht, erhitzt, püriert, abgepresst
Haltbarkeit: Vom Kaufdatum an 10 Monate
Einordnung: Als Präparat ein Fabrikprodukt

OATLY-Bio-Hafer-Drink – (»Gut fürs Herz«)
Zutaten: Wasser, Hafer (10 %), Meersalz, aus ökologischer Landwirtschaft Schweden
Haltbarkeit: Vom Kaufdatum an 10 Monate.
Einordnung: Als Präparat ein Fabrikprodukt

Bio-Kräuter-Tofu – Genuss ohne Fleisch
Zutaten: Wasser, Sojabohnen, Meersalz, Kräuter, Gerinnungsmittel »Nigari« (Calciumsulfat), Zutaten aus kontrolliert ökologischem Anbau in Österreich.
Sojabohnen werden gekocht, püriert, mit dem Gerinnungsmittel versehen flockt das Eiweiß aus, eine relativ feste Masse entsteht; Eiweißgehalt 13 %.
Haltbarkeit: Vom Kaufdatum an 6 Wochen.
Einordnung: Als Präparat ein Fabrikprodukt

Soja-Granulat – vegetarischer Hackfleischersatz
Soja-Granulat aus Sojamehl (texturiert) – mit 3-facher Menge heißem Wasser 10 Minuten quellen lassen, wie Hackfleisch weiterverarbeiten.
Haltbarkeit vom Kaufdatum an 4 Monate.
Einordnung: Als Präparat ein Fabrikprodukt.

Soja-Geschnetzeltes – vegetarischer Fleischersatz
Zutaten: Soja-Granulat grob aus Sojamehl; in heißem Wasser 39 Minuten quellen lassen, für Pfannengerichte oder Soja-Gulasch weiterverarbeiten.
Haltbarkeit: Vom Kaufdatum an elf Monate.
Einordnung: Als Präparat ein Fabrikprodukt.

Miso – fermentierte Würzbasis,
ersetzt Salz, Brühe, verstärkt Eigengeschmack vieler Speisen – Traditionelle japanische Herstellung: Sojabohnen einweichen, pürieren, monatelange Fermentation, tief-dunkelrotbraune Paste mit äußerst ausdruckstarkem Geschmack. Kleine Mengen werden als Zutat zu Gemüse- und Reisspeisen genommen.
Für uns sehr gewöhnungsbedürftig.
Einordnung der in Deutschland angebotenen Produkte nicht genau zu bestimmen, da die Deklaration nicht auf die o. g. traditionelle Herstellung schließen lässt.