Konstitutionsmittel

Frage:
Mein homöopathischer Arzt verordnete mir ein Konstitutionsmittel, das genau zu mir passt. Was bedeutet der Begriff Konstitution?

Antwort:
Definitionsgemäß versteht man unter der Konstitution die Summe der körperlichen und psychischen Eigenschaften eines Menschen. Die Konstitution ist die angeborene und erworbene geistig-seelische und körperliche Verfassung. Sie ist erkennbar am Körperbau, an der seelisch-geistigen Grundstimmung und an den Reaktionsweisen auf innere und äußere Belastungen.

In der medizinischen Terminologie ist die Konstitution definiert als eine individuelle, durch genetische Information und durch Umwelteinflüsse bedingte Eigentümlichkeit eines Individuums, die die von den Augen wahrgenommene Gestalt des Körpers, dessen vom Denken erfassbare Funktionen, seine Leistungs-, Reaktions- und Widerstandsfähigkeit umfasst. Im erweiterten Sinn sind hier aber nicht nur die somatische Gestalt und Funktion, sondern auch die geistige emotionale und schließlich seelische Gestalt zu betrachten. In jedem modernen medizinischen Lehrbuch werden einzelne Krankheiten bis ins letzte Detail abgehandelt, aber Begriffe wie »Konstitution« und »Diathese« sind in Vergessenheit geraten. Die organpathologische Orientierung der Medizin unserer Zeit hat für diese Begriffe keinen Raum. Akute Krankheiten werden in der Regel organotrop behandelt. Chronische Leiden erfordern eine personotrope Behandlung. Erbanlage und frühkindliche Prägung haben für jeden Einzelnen verschiedenes Gewicht; aus beiden entwickelt sich unsere Konstitution. Die Physiognomie (Menschenkenntnis durch Körperformen und Gesichtsausdruckskunde) hat bei den alten Ärzten eine lange Tradition. Durch das Erkennen der Konstitution findet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines Menschen eine übergreifende Ordnung.

Ein »konstitutionelles Mittel« deckt die Totalität aller geistigen und körperlichen Charakteristika über einen längeren Zeitraum ab. Die Gesamtheit der Symptome umfasst alles, was man vom Patienten hört und an ihm sieht, seine verbale Aussage und die sichtbaren Zeichen der konstitutionellen leiblichen Prägung. Die Homöopathie ist als ganzheitliche Medizin auf die konstitutionellen Merkmale der Kranken besonders ausgerichtet.

Die Identität zwischen einem Menschen und seinem Arzneimittel kann so groß sein, dass man von Arzneitypen, wie z. B. dem Calcium-carbonicum-Kind oder einer Sepia-Frau spricht. Aber in der starren Einordnung in Typen steckt auch eine gewisse Gefahr.

Literatur: Taschenatlas Homöopathie in Wort und Bild, Haug-Verlag, 2001

Autor: Dr. med. Jürgen Birmanns

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