Paracelsus

Frage:
Als ich kürzlich das Dr.-Max-Otto-Bruker-Haus auf der Lahnhöhe besuchte, fiel mir eine Spruchtafel im Eingangsbereich auf. Zu lesen war ein Zitat von Paracelsus: »Der höchste Grund der Arznei ist die Liebe«. Wer war Paracelsus?

Antwort:
Der berühmte Arzt, Alchemist und Naturforscher Theophrastus Bombastus von Hohenheim (genannt Paracelsus) lebte von 1493 – 1541. Er gilt als Pionier und Reformator einer neuen Heilkunst. Er kritisierte die für die Medizin seiner Zeit grundlegende galenische Humoralpathologie (»Säftelehre«) und veröffentlichte seine Schriften statt in Latein meist in der deutschen Volkssprache. Für den Naturforscher Paracelsus war die Natur der beste Lehrmeister: »Ein Arzt muss durch der Natur Examen gehen.« Paracelsus hinterließ der Nachwelt tiefsinnige Erkenntnisse. Er war überzeugt, dass alles, was der Mensch tut und zu tun hat, er aus dem Licht der Natur tun solle: »Denn das Licht der Natur ist nichts anderes als die Vernunft selber. Wer anders ist der Feind der Natur, als der sich klüger dünkt denn sie, obwohl sie unser aller höchste Schule ist. Es soll und muss nun der Arzt aus der Natur hervorgehen und in ihr und von ihr lernen, und außer ihr gibt es nichts, und alles ist aus und in der Natur.« Sein Wissen und Lebenswerk ist sehr umfassend. Paracelsus verfasste zahlreiche Bücher medizinischen, philosophischen und theologischen Inhalts. Seine teils scharfe Kritik gegen die damals etablierte Medizin, sorgte für heftige Gegenwehr. Für naturheilkundlich orientierte Mediziner gilt Paracelsus als eine große Arztpersönlichkeit an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit; für analytische Wissenschaftler ist er Brandstifter und Ketzer. Sein Vater, selber Arzt, verhalf seinem Sohn zu der Fähigkeit, aus dem Buche der Natur zu lesen. Unter der Hand des Arztes wird die Natur zum Heilmittel. Auf den Wanderungen und Heilkräuterexkursionen mit seinem Vater lernte er jenes Wissen, das nicht in der Schule gelehrt wurde. Als Student, und später als fertiger Arzt, durchwanderte Paracelsus fast ganz Europa. Der unstete Geist wurde von einer Vision angetrieben. Seine Naturbeobachtungen und der direkte Kontakt zu den Kranken lieferten ihm tiefe Einblicke in das Wesen des Menschen. Sein Ringen um eine wirklichkeitsgemäße Medizin war nicht zu bändigen.
Als Feldarzt behandelte er die verwundeten Soldaten und sammelte Erfahrung in der chirurgischen Notfallversorgung. Es gibt wohl kaum einen Arzt aus der Vergangenheit, der so viel erwandert und studiert hat wie Paracelsus. Er war ein Empiriker und Arzt aus Leidenschaft.
Paracelsus verstand sich auch in der Balneologie (Bäderheilkunde). In Bad Liebenzell empfahl er die warmen Mineralquellen zu Heilzwecken. Paracelsus hat schon vor Hahnemanns Lebzeiten dessen Grundprinzip, das Ähnlichkeitsprinzip (Similegesetz), beschrieben. Er war seiner Zeit weit voraus.
Durch spektakuläre Heilerfolge wurde er zum Ärgernis für seine Standesgenossen. Auf dem Höhepunkt seines Wirkens ging Paracelsus nach Basel, um das Amt des Stadtarztes anzunehmen. Da er seine Vorlesungen an der medizinischen Fakultät nicht, wie es damals üblich war, in lateinischer Sprache hielt, sondern auf Deutsch, und weil er seinen Professorentitel nicht ordentlich in einer Einführungsvorlesung verteidigte, kam es zu Konflikten mit der Universitätsleitung. Paracelsus nahm seine Studenten mit an das Krankenbett – das war ein Novum. Es war unüblich und nicht standesgemäß, den Patienten aufzusuchen und am Kranken Befunde zu erheben. Heute ist eine gründliche klinische Untersuchung eine Selbstverständlichkeit. Paracelsus kann mit Recht als Ganzheitsarzt bezeichnet werden. Er kritisierte das ewige Abschreiben und Wiederholen tradierten Wissens. Er revolutionierte die Medizin. Gut in Erinnerung bleibt mir sein provokanter Ausspruch, den er an die Gelehrten richtete: »Meine Schnürsenkel haben mehr gesehen, als ihr jemals in euren verstaubten Lehrbüchern lesen könnt.« Von dem einen als »Luther der Medizin« und Wunderheiler gepriesen, war er in den Augen der Akademiker ein Scharlatan. Für Dr. med. Max Otto Bruker gehörte Paracelsus in die Reihe begnadeter Ärzte, die eine Verbindung vom Irdischen zum Kosmischen – vom Sichtbarem zum Verborgenen – herstellten.

Literatur:
Paracelsus, Walter-Verlag, 2. Auflage