Die Geschichten hinter dem Lockdown Nr. 03: „Bis ins Herz infiziert“

Erfahrungsbericht von Adelheid John, Autorin des Buchs „Rolle rückwärts – von der Kopie zum Original“

67-jährig wurde ich, seit 44 Jahren selbständig in eigener Praxis (Persönlichkeitsentwicklung, Coaching, Supervision), am 16.03.2020 von heute auf morgen arbeitslos. Trotz erheblicher finanzieller Einbußen bei gleichzeitigen Verpflichtungen der Bank gegenüber stand mir keine Soforthilfe zu.

Für mich als visueller Kontakt- und Kommunikationsmensch war und ist online-Beratung im Sinne meines Selbstverständnisses keine Option.

Ich reagierte mit Fassungslosigkeit und Verzweiflung auf den Eingriff des Staates in meine Persönlichkeitsrechte, z. B. die freie Berufsausübung, und brauchte eine ganze Weile, um zu begreifen, dass hier ein altes Trauma in mir berührt wurde: Staat = Vater = massive Beschränkung der Entfaltung meiner Persönlichkeit.

All das traf mich hart, und ich setzte mich in der Folgezeit damit auseinander, meine alte Wunde nochmals zu versorgen, zu achten, zu würdigen.

Fassungslos

Und inzwischen kommt es noch viel schlimmer.

Seit 35 Jahren pflege ich meine Freundschaften. Seit Corona gehen sie mehr und mehr kaputt. Ich teile mich in meiner Krise handschriftlich (!) mit, um festzustellen, dass ich hierin gar nicht wahrgenommen werde, sondern nur darauf abgehoben wird, dass ich mich alternativ informiere, einer neu zu gründenden Partei nahestehe und meine Befürchtungen bezüglich unser aller Zukunft äußere.

Es mache ihnen Angst, sie glauben, ich würde mit Feindbildern arbeiten, sind besorgt über meine Entwicklung, befremdet, jetzt fühle es sich an, als ob Hass mich antreibt. Diese Zuschreibungen empfinde ich als unerträglich. Sie führen allesamt bis auf Weiteres zur Distanzierung von mir.

Erst heute Morgen traf mich die lange Mail einer Freundin bis ins Mark: Mein Herz klopfte übermäßig, meine Hände zitterten, während ich sie las. Und Traurigkeit spürte ich auch. Und wieder bin ich fassungslos.

Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun? Ich bin doch nach wie vor der Mensch Adelheid.

Ich bin in meinen Grundfesten erschüttert: Meinem Glauben an und die Bedeutung von Freundschaften in meinem Leben. Nun sind auch sie nicht mehr sicher. So schliddere ich von der einen in die nächste Krise.

Und ich weiß, ich werde auch die Verabschiedung von einst treuen Weggefährtinnen nach Betrauern des schmerzlichen Verlusts von Herzen annehmen.

Ich hatte nie etwas mit Corona zu tun, im Sinne einer Angst, zu erkranken, und bin doch bis ins Herz infiziert.

Eine weltweite Krankheit

Parallel hierzu las ich zwischenzeitlich viel (z.B. Dr. Bhakdi, Dr. Köhnlein) und hörte ich viel (z.B. Dr. Wodarg, Dr. Schiffmann, allesamt namhafte Ärzte/Wissenschaftler). Und nicht zuletzt „Coronomics“ von D. Stelter, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass wir es wirklich mit einer Pandemie, einer weltweiten Krankheit, zu tun haben:

Der jahrzehntelangen, verfehlten Finanz- und Wirtschaftspolitik, die uns jetzt endlich – ich hatte schon zur Zeit der Finanzkrise 2008/9 die Hoffnung, dass wir Menschen uns auf die nicht-monetären Werte besinnen – auf die Füße fällt.

Hierüber spüre ich eine gewisse Entlastung, kann ich mich doch von den mir zuteilwerdenden Anfeindungen im Zuge des Corona-Hypes ein Stück distanzieren.

Und ich gestehe, dass meine Hoffnung begrenzt ist, dass diese Krise zu einer wirklichen Chance für die Menschheit – genutzt – wird.

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